Auszeichnung für die klügsten Köpfe

Herausragende Ingenieurleistungen beeindrucken nicht nur durch ihren hohen Innovationsgrad, sondern auch durch ihren direkten Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft. Um solche außergewöhnlichen Leistungen zu würdigen, verleiht der VDI Bezirksverein München, Ober- und Niederbayern seit 1984 den renommierten VDI-Preis.

„Dieses Jahr war die Qualität der eingereichten Arbeiten bei der VDI Preisverleihung besonders hoch - das hat uns sehr gefreut“, betonte Andreas Wüllner, Vorstandsvorsitzender, bei der Preisverleihung 2024 in München.

Sieben spannende Arbeiten in den Kategorien Bachelor, Master, Dissertation und Ingenieur-Start-up wurden im Laufe des Abends vorgestellt und ausgezeichnet. Neben dem VDI-Preis erhalten auch alle Preisträger*innen ein Jahr eine kostenlose Mitgliedschaft beim VDI und können so aktiver Teil unseres Netzwerkes sein.

Mobile Datenmessung biomedizinischer Sensordaten

In wissenschaftlichen Studien stellt die mobile Datenerhebung oft eine Herausforderung dar. Kommerzielle Hersteller bieten dafür Produkte an, die technische Einschränkungen mit sich bringen und kostenintensiv sind. Dominik Kimmerle hat in seiner Bachelorarbeit an der Hochschule München einen tragbaren Datenlogger für medizinische Studien entwickelt, der auch bei 100% Luftfeuchtigkeit funktioniert. Dieser Datenlogger bietet Zugriff auf echte Rohdaten, führt autarke Analysen in Echtzeit durch, unterstützt individuelle Datenstrukturen, ist chemisch beständig und einfach zu handhaben. Ein durchdachtes Bedienkonzept von außen sowie eine Weboberfläche ermöglichen die Steuerung. 

Wertschöpfung und Nachhaltigkeit von Energieversorgungssystemen mit Wasserstoffspeichern

Tim Wei Schüler entwickelte in seiner Bachelorarbeit an der TU München ein Simulationsmodell, mit dem teilautarke Energieversorgungssysteme mit Wasserstoffspeichern unter technischen und wirtschaftlichen Aspekten bewertet werden können. Angesichts zunehmender Energiepreisschwankungen und -steigerungen gewinnt die Evaluierung nachhaltiger Energieversorgungssysteme in betriebswirtschaftlichen Entscheidungen an Bedeutung, um Stromversorgungskosten und die Abhängigkeit vom öffentlichen Strommarkt zu reduzieren. Durch die Quantifizierung von Nutzen und Kosten liefert die Arbeit eine wertvolle Datengrundlage - sowohl für die unternehmerische Entscheidungsfindung als auch für die Planung und Umsetzung solcher Systeme. So zeigen die Simulationsergebnisse unter anderem auf, dass durch den Einsatz von Wasserstoffspeichern in Kombination mit PV-Anlagen eine signifikante Steigerung der Autarkie erreicht werden kann und mit welchen Stromgestehungskosten dies verbunden ist.

Intelligente Mobilität für den automatisierten öffentlichen Verkehr

Mobilitätseingeschränkte Personen sind häufig stärker als der Rest der Gesellschaft auf den öffentlichen Verkehr angewiesen, um ihren täglichen Mobilitätsbedürfnissen nachzukommen. Der künftige Einsatz von automatisierten Fahrzeugen stellt hierbei eine Herausforderung dar, da der Eingriff des Fahrpersonals für unterstützende Tätigkeiten, wie beispielsweise die Bereitstellung einer Rampe zum Zustieg, entfällt.

Abhay Joshi entwickelte in seiner Masterarbeit an der TU München, im Rahmen des Forschungsprojekts OBACHT, ein Kontrollsystem für die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, das kollektive Wahrnehmungssysteme in automatisierte ÖPNV-Systeme integriert. Dadurch kann das gesamte Reise- und Mobilitätserlebnis für mobilitätseingeschränkte Personen verbessert werden, indem beispielsweise verschiedene Situationen, in denen mobilitätseingeschränkte Personen Hilfe benötigen, frühzeitig erkannt werden und an das automatisierte ÖPNV-System übermittelt werden. So können neben dem Fahrgast-Komfort auch die Verkehrssicherheit und –effizienz von automatisierten ÖPNV-Systemen gesteigert werden.

Das entwickelte Kontrollsystem trägt damit zu inklusiveren Städten bei, in denen alle Menschen, ungeachtet ihrer körperlichen und geistigen Verfassung, vollumfänglich am städtischen Mobilitätsangebot teilhaben können.

Diagnose und Wachstumsprognose von Gehirntumoren

Gehirntumore bei Kindern entwickeln sich sehr unterschiedlich. Um das Wachstum besser zu verstehen, beschäftigte sich die Masterarbeit von Juan Carlos Climent Pardo an der TU München mit einer verbesserten Diagnose und Prognose durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Magnetresonanztomografie. Das an der TU München entstandene Forschungsprojekt wird in den USA fortgeführt. Es schließt eine kritische Lücke in der pädiatrischen Neuro-Onkologie, indem es systematisch die natürlichen Verläufe von pädiatrischen, niedriggradigen Gliomen analysiert. Eine bessere Prognose der Tumorentwicklung führt zu einer erhöhten Lebensqualität der Patienten.

Sicherer und komfortabler zu Großveranstaltungen

Wie können Menschen sicherer zu Großveranstaltungen gelangen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Christina Maria Mayr in ihrer Dissertation an der Hochschule München. Um sicherheitskritisches Gedränge zu verhindern, entwickelte sie ein neuartiges Leitsystem für Menschenmengen. Personen werden mithilfe von mobilen Apps erfasst und über sichere Wege informiert. Gedränge kann so vermieden werden. Das Leitsystem berücksichtigt das persönliche Verhalten der Menschen und soll Situationen wie bei der Love Parade 2010 verhindern.

Entwicklung neuartiger Splitterbauteile für Glasfasernetze

Dr. Daniel Schäffer konzentriert sich auf asymmetrische Splitter, die Lichtsignale effizient aufteilen und so die Datenverteilung optimieren. Besonders bemerkenswert: Dr. Schäffer nutzte das Ionenaustauschverfahren, um lichtleitende Strukturen zu erzeugen und die Lichtübertragung zu verbessern. Mithilfe computergestützter Modelle konnte er die Ionenverteilung simulieren und die Herstellungsparameter optimieren. 

Das Ergebnis: Splitter, die selbst bei hohen Datenraten zuverlässig arbeiten und in lokalen Datacom-Netzen sowie in Bereichen wie Medizintechnik und Hochspannungstechnik Anwendung finden könnten. Besonders spannend ist seine Kombination aus Lasermikrostrukturierung und Ionenaustausch – eine potenziell revolutionäre Methode für die Herstellung von Glasfaser-Komponenten.

Nachhaltige Mobilität

In der Kategorie Ingenieur-Start-up bietet OPED eine Softwarelösung zur technischen Auslegung und Optimierung von elektrischen Antrieben für Elektroautos. Dabei kommen Methoden der künstlichen Intelligenz zum Einsatz, um Zielgrößen wie Leistungsfähigkeit, Kosten und Energieeffizienz zu optimieren und gleichzeitig die Entwicklungszeit enorm zu reduzieren.

OPED geht aus zwei Dissertationsforschungsprojekten von Martin Hofstetter und Dominik Lechleitner an der TU Graz, Institut für Fahrzeugtechnik hervor.

In Kooperation mit einem weltweit führenden Automobilzulieferer konnte die Methode seine Effektivität u.a. bei der Auslegung eines besonders energiesparenden Serienfahrzeugs beweisen. Die jüngste Erweiterung erlaubt nun auch die Minimierung des gesamtheitlichen CO2-Fußabdrucks, einschließlich Herstellung und Betrieb. 

 

Nach den beeindruckenden Kurzreferaten der Preisträger und der Siegerehrung, klang der Abend mit einem hervorragenden Menü und interessanten Gesprächen aus.

Herzliche Glückwünsche an die diesjährigen Gewinner!

Fotos: VDI/ Tom Bauer

Annette Werny